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Fischereikonkordat Vierwaldstättersee

Vor der französischen Revolution mit Einmarsch französischer Truppen in die Zentralschweiz war das Fischereiwesen sehr regional geregelt. Die Fischenzen in den Uferzonen gehörten Genossenschaften, Korporationen, Klöstern oder privaten Anstössern. Der See ausserhalb der Uferzonen und der Fischenzen gehörte den damaligen Ständen. Diese regelten die Zulassung zur Fischerei.

Mit dem Untergang der alten Eidgenossenschaft und dem Einmarsch der französischen Truppen wurde 1798 die Fischerei zu einem allgemeinen Freiheitsrecht erklärt, ohne dass gleichzeitig wirkungsvolle Schutzvorschriften erlassen wurden. Die falsch verstandene Freiheit führte zu einer rücksichtslosen Ausbeutung der Fischbestände. Diese Entwicklung wurde durch die verbreitete Armut der Bevölkerung zusätzlich begünstigt. Damit zeigten sich in der Fischerei Parallelen zur Jagd. In der gleichen Zeit wurden die Wildbestände, mit Ausnahme der Gämsen, in der Schweiz ausgerottet. Die beschränkte Effizienz der damaligen Fanggeräte zum Fischen setzte dem Raubbau Grenzen. Nach der Helvetik folgte die Restauration, in welcher die alte Ordnung wieder eingeführt wurde. Allerdings hatte die Fischerei keine Priorität angesichts der vielen anderen und neuen Probleme und im Hinblick auf die Gründung des Bundesstaates 1848 mit dem vorgängigen Sonderbundskrieg.

In der ersten Verfassung des Bundesstaates 1848 war die Fischerei nicht erwähnt. Sie war ausschliesslich Sache der Kantone. Durch die Verfassungsrevision 1874 erhielt der Bund unter dem Eindruck des Zusammenbruchs der Wildbestände und der desolaten Zustände in der Fischerei an vielen Schweizer Gewässern durch den Artikel 25 die Befugnis, gesetzliche Bestimmungen über die Ausübung der Fischerei und der Jagd, namentlich zur Erhaltung des Hochwildes, sowie zum Schutze der für die Land- und Forstwirtschaft nützlichen Vögel zu treffen. Bereits 1875 verabschiedete das Parlament das erste Bundesgesetz über die Fischerei. Das hatte zur Folge, dass über Schonzeiten nachgedacht wurde, die künstliche Fischzucht gefördert wurde und dass der Schutz der Gewässer für die Zukunft der Fischerei entscheidend war. Im 1883 wurde der Schweizerische Fischereiverein gegründet. Diese Stimme meldete sich kraftvoll und nachhaltig zu Wort in Belangen der Fischerei und des Gewässerschutzes.

Die Vision einer einheitlichen Regelung der Fischerei über Kantonsgrenzen hinweg fand schon 1851 zwischen den Kantonen Freiburg und Waadt Gehör, indem diese für ihre Anteile am Neuenburgersee gleichlautende Patente und den Gebrauch gleicher Fanggeräte beschlossen. 1871 unterzeichnete auch der Kanton Neuenburg den interkantonalen Vertrag mit einer einheitlichen Oberaufsicht über die Fischerei auf dem Neuenburgersee.

Auch um den Vierwaldstättersee setzte sich die Erkenntnis durch, dass Fische keine Kantonsgrenzen kennen. Es war offensichtlich, dass nur ein gemeinsames Vorgehen über die kantonalen Hoheitsgrenzen hinweg die Fischerei erhalten und stärken konnte. Deshalb beschlossen die Vertreter der Kantone Luzern, Schwyz, Uri, Obwalden und Nidwalden 1890 das Konkordat, welches dann 1891 in Kraft trat. 1891 wurde die Geschäftsordnung der Aufsichtskommission des Konkordates über die Fischerei im Vierwaldstättersee verabschiedet.

Die Konkordatsfischereiaufseher amteten von 1891 bis 1965. Danach wurden die Aufgaben den kantonalen Fischereiaufsehern übertragen, weil die Aufgaben für eine Person zu gross wurden. 1978 wurde die «Interkantonale Vereinbarung über die Fischerei im Vierwaldstättersee» zwischen den Anrainerkantonen getroffen. Die Aufsicht übernimmt die «Fischereikommission Vierwaldstättersee». Sie hat die Oberaufsicht über alle Bereiche der Fischerei und erlässt die gesetzlichen Bestimmungen zur Fischerei mit Gültigkeit für den ganzen See.

1985 haben die Anrainerkantone eine «Aufsichtskommission Vierwaldstättersee» gegründet. Diese sorgt sich vornehmlich um die Gewässerschutzmassnahmen rund um den See und dessen Einzugsgebiet. Diese Kommission hat keine Gesetzgebungskompetenz. Sie koordiniert die Massnahmen zur Renaturierung und Revitalisierung der Gewässer und deren Uferzonen im Einzugsgebiet der Anrainerkantone.

Quelle: «Fische kennen keine Grenzen» Josef Muggli ISBN 978-3-033-05123-2 1. Ausgabe 2015