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Sempachersee:       Fischenzen, Bewirtschaftung, Zustand

Quelle: Auszüge aus dem Buch «OBERKIRCH GESTERN HEUTE MORGEN» 1986

Fischenzen

Im 12. Jahrhundert besass das Stift Einsiedeln in Oberkirch und Eich Fischenzen (Fischereirechte), die nachgewiesenermassen noch um 1349 zu einem Jahreszins von 4700 geräucherten Fischen an Fischer verpachtet waren. Auch das Stift Münster (Beromünster), das Kapuzinerkloster Sursee, Tannenfels und Wartensee besassen Fischenzen. Erhalten geblieben sind nur zwei Fischereirechte. Eines ist im Besitze der Erbengemeinschaft Rösli vom Schloss Wartensee in Neuenkirch, das andere ist Eigentum der Korporation Sursee. Der weitaus grösste Teil des Sees gehört heute dem Kanton.

Die Seevogtei Sempach wurde vom habsburgischen Vogt zu Rothenburg verwaltet. Nach der Niederlage der Habsburger – Österreicher 1386 kam die Stadt Luzern in den Besitz der Seevogtei, wobei der Seevogt in Sempach residieren musste. Zu den Aufgaben des jeweiligen Fischvogtes gehörte unter anderem die Festsetzung der Balchenpreise für die Krättler (Händler); er musste die Statistik über die gefangenen Balchen führen (der Staat bezog eine Taxe), für die Einhaltung der Fischereigesetze sorgen, Bussen erteilen usw.

Die Sempacher Balchen machten den See berühmt. Es sind Fangzahlen im Mittelalter bis 1853 teilweise erhalten. So wurden in der Fangstatistik für das Jahr 1612 696'000 Balchen gezählt, 1459 aber nur 17'600 Stück. Die Fangstatistik weist sehr grosse Differenzen auf.

Fischerfamilien

Solche Familien lassen sich bis 1463 zurückverfolgen, eben gerade weil der Vogt ja die Fischer beaufsichtigen musste und von den Fischern die Anzahl gefangener Balchen aufschreiben musste. Seit 1501 haben Zwimpfer im Sempachersee gefischt, sei es in Sempach, Sursee oder Oberkirch. Anfangs 1900 gab es in Oberkirch zwei Familien Zwimpfer, die das Fischereihandwerk ausübten, nämlich Kaspar Zwimpfer-Fähndrich bis 1926 und Josef Zwimpfer-Giger bis 1919. Gottfried Hofer kam nach dem Tode des jungen Josef Zwimpfer nach Oberkirch, um dessen Fischerei weiterzuführen. Er heiratete dann die Witwe Anna Zwimpfer-Giger. Deren Sohn aus erster Ehe, Julius, arbeitete nach der obligatorischen Schulzeit ebenfalls in der Fischerei des Gottfried Hofer, ebenso Anna aus erster Ehe der Anna Zwimpfer-Giger, nun Hofer.

Aktuell fischen noch die Familien Arnold von Sursee, Zwimpfer von Sempach und Hofer von Oberkirch. Josef Hofer kann sich noch erinnern, dass zwischen den Fischerfamilien Waltisberg und Hofer in den vierziger und fünfziger Jahren des letzten Jahrhunderts eine Abmachung bestand, dass vom 01.06. bis 30.09. jeweils die beiden Familien abwechslungsweise die rechte und die linke Hälfte des Sees mit dem Zuggarn befischen durften, wobei sowohl das Landgarn als auch das Klusgarn benutzt wurde. Später bewirtschaftete die Familie Hofer nur noch die Westseite des Sempachersees mit dem Zuggarn, mit Netzen und Bären (Reusen). Zur Zeit wird das Zuggarn kaum mehr benutzt.

Heute bewirtschaftet die Familie Hofer 975 Hektaren als Pacht vom Kanton, die Familie Arnold 190 Hektaren vom Kanton und 100 Hektaren Fischenze der Korporation Sursee und die Familie Zwimpfer 135 Hektaren vom Kanton und 40 Hektaren Fischenze der Familie Rösli.

Der Sempachersee

Bis 1806 war die Seefläche viel grösser und die Ufer praktisch rund herum mit einem grossen Schilfgürtel bepflanzt. Das Gelände am südlichen und nördlichen Ende und teilweise im westlichen Uferbereich war sumpfig mit breiten Schilfgürteln, also ideal für die Fischbrut, die Wasservögel und für die übrige Kleintierwelt. 1806 wurde der See um 1,8 Meter abgesenkt, um Land für die Landwirtschaft zu gewinnen. Dadurch verlor der See dutzende von Hektaren der wertvollsten Fischlaichgebiete. Um den See besser regulieren zu können, wurde am Seeausgang zur Sure ein Wehr gebaut, das bis heute noch mechanisch bedient werden kann. Trotz dieses Eingriffs fand die (übriggebliebene) Tier- und Pflanzenwelt noch um 1950 grosse Bewunderung. Die zunehmende Besiedlung des Einzugsgebietes und eine intensivere Landwirtschaft zeitigte aber Folgen. Der Phosphatgehalt stieg von 30 mg pro Kubikmeter Wasser 1952 auf 180 mg/qm Mitte der achtziger Jahre. Diese starke Zunahme von Phosphat, verursacht durch häusliche Abwässer,- es existierten noch keine Kläranlagen- und durch abgeschwemmte Jauche und Kunstdünger, wirkte sich sowohl auf die Wasserpflanzen, wie auch die Fische und viele andere Tierarten nachteilig aus. Durch den Verlust fast der gesamten Unterwasserpflanzen im See gingen viele Laich- und Aufenthaltsgebiete der Fische verloren. Die drei Fischarten Zander, Groppen und Blicke starben aus. Ab 1952 konnte auch ein Schilfsterben beobachtet werden.

Der Fischermeister Gottfried Hofer hatte die Regierung des Kantons Luzern schon anfangs der fünfziger Jahre auf die Problematik hingewiesen, aber viele Jahre kein Gehör gefunden. Besserung kam erst nach den achtziger Jahren, als alle Häuser der Gemeinden rund um de See an Kläranlagen angeschlossen waren und der Kanton begann, Düngeverbote in Seenähe einzuführen. Die gleiche Problematik stellte man auch im Baldeggersee und im Hallwilersee fest. Immer wieder führte das Auftreten von Blaualgen wegen der Seeüberdüngung zu Fischsterben. 1982 begann man den Baldeggersee in der Tiefe mit Sauerstoff zu versorgen, 1984 den Sempachersee und 1985 den Hallwilersee. Gleichzeitig sorgt eine Druckluftpumpe für eine bessere Tiefenzirkulation in diesen drei Seen. Übrigens gab es zur Rettung des Sempachersees vor der Sauerstoffzufuhr noch eine Variante, das Tiefenwasser mit Röhren abzuleiten und erst nördlich von Sursee das Wasser in die Sure zu leiten. Das hätte zur Folge gehabt, dass die Sure abgestorben wäre. Jetzt hat der Phosphatgehalt im Sempachersee wieder etwa 20 mg/qm erreicht und dem See geht es ordentlich. Aber der Kanton muss bezüglich Landwirtschaft noch weitere Massnahmen treffen, sodass diese im Einzugsgebiet extensiver bewirtschaftet wird. Nur so kann der See langfristig gerettet bleiben.

Verfasser: Gottfried Hofer, Küssnacht   2018